Mittwoch, 2. März 2016

Trauma und Körperarbeit




Immer wieder habe ich Klienten auf meiner Matte, die unter chronischen Verspannungen leiden. Es ist immer wieder die Schulter, die schmerzt oder immer der Magen der auf Diverses und Allerlei reagiert. Das kann durchaus organische Ursachen haben, oft landen sie aber bei mir, weil organisch einfach Nichts gefunden werden kann. Schulmedizinisch sind sie gesund. Keine nachweisbaren Bakterienkulturen oder Viren, keine Bandscheibenthemen, einfach nichts zu finden. Dennoch haben diese Menschen Schmerzen. Schmerzen, die nicht nachweisbar sind, führen in unserer Gesellschaft oft zu einem mitleidigen Lächeln. Schneller als man Muh sagen kann, ist man in der "Psycho-Ecke". Hypochonder ist ein Wort, das in diesem Zusammenhang sehr schnell über die Lippen der Gesellschaft kommt.

Dabei sind diese Schmerzen, wenn auch nicht nachweisbar, durchaus real! Sie sind da und sie tun weh! Sehr weh, konstant weh, zermürbend weh!

Ich bediene mich jetzt eines Textauszuges der Praxis Besenbruch, die die Wirkung traumatischer Erlebnisse auf den Menschen wunderbar in Worte fasst:


Stress wirkt sich in erste Linie auf den Körper aus. Der menschliche Organismus ist genetisch dafür ausgestattet, auf Stress zu reagieren und sich durch die Bewältigung von Stress weiter zu entwickeln und zu wachsen. Das Selbe gilt für traumatische Erlebnisse. Problematisch wird es allerdings, wenn Stress chronisch wird und traumatische Erlebnisse im Körper gespeichert bleiben.

Unabhängig davon, ob wir einer stressigen oder lebensbedrohlichen Situation ausgesetzt sind, der Körper reagiert immer mit dem gleichen uralten Reflexmuster, welches allen Säugetieren eigen ist: Das (autonome) Nervensystem mobilisiert zusammen mit dem Hormonsystem die erforderliche Energie, welche den Körper für eine adäquate Handlungsreaktion im Sinne von Kampf oder Flucht (Konfrontation oder Rückzug) vorbereitet. Wir werden hellwach, konzentriert auf den stressauslösenden Faktor, ohne etwas anderes wahrzunehmen, die Schmerzwahrnehmung lässt nach und unsere Muskulatur ist hoch angespannt, so dass unser Körper Leistungen vollbringen kann, die im Normalzustand nicht möglich sind. Kennen Sie die Momente, in denen Sie sich erschrecken und blitzartig spüren, wie ein Strom durch Ihren Körper schießt und Sie hellwach werden lässt?

Wenn diese körpereigene Energie durch Konfrontation oder Rückzug (Kampf oder Flucht) erfolgreich ausagiert werden kann, entspannt sich der Körper anschließend wieder und ist gestärkt von der eigenständigen Bewältigung der Situation. Allerdings kommt es nicht immer dazu. Wenn wir nicht kämpfen oder flüchten können, also handlungsunfähig sind, tritt eine dritte Form der autonomen Reaktion ein, die im Tierreich als Todstellreflex bekannt ist. Hierbei erstarrt der Körper und die zur Verfügung gestellte Energie friert im wahrsten Sinne des Wortes im Muskel- und Bindegewebe (den sog. Faszien) ein. Dies kann eine effektive Möglichkeit des Überlebens sein, ist allerdings nur als kurzfristige Lösung sinnvoll. Im Tierreich kann beobachtet werden, dass Tiere, die bei (potentieller) Bedrohung in eine Erstarrung verfallen (Schockstarre), ihren Körper, sobald die Gefahr vorüber ist ausschütteln und somit die Energie "abzittern". Durch dieses Zittern wird die biochemische und neuromuskuläre Ladung aus dem Körper entladen, was zur spontanen Erholung von dem traumatischen Ereignis führt.
Anders als bei Tieren unterbrechen Menschen das in ihnen genetisch angelegte und unwillkürlich auftretende Zittern in oder nach einer stressauslösenden Situation oft absichtlich. Dies hat überwiegend erziehungs- und wertungsabhängige Gründe. So wird z.B. gesellschaftlich suggeriert, dass Angsthaben und Zittern ein Zeichen von Schwäche ist. Wenn sich der Körper nicht entladen kann und zusätzlich die stressauslösende Situation bestehen bleibt, erhöht sich die Ladung im Laufe der Zeit immer mehr, so dass die Energie, die das Nerven- und Hormonsystem permanent zur Verfügung stellt, im Muskel- und Bindegewebe gehalten wird. Folge davon sind chronische Spannungszustände, die oft nicht mehr wahrgenommen werden, da das System ja weiter funktionieren muss - ein Selbstschutz des Körpers, um zu überleben.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass Stress und Trauma in erster Linie auf den Körper wirken und erst im weiteren Verlauf auf den psycho-emotionalen Bereich. Daher ist es nötig, körpertherapeutische Methoden zur effektiven Lösung von Stress und Trauma zu wählen.

Was hat das alles mit dir zu tun?

Wahrscheinlich eine ganze Menge, wenn Sie bis hierhin interessiert weiter gelesen haben. Die meisten Menschen unserer heutigen Leistungsgesellschaft sind mehr oder weniger großen Stresssituationen ausgeliefert, die unser Körper nicht ohne weiteres verarbeiten kann. Folge ist, dass das Nerven- und Hormonsystem ständig aktiv ist ("feuert"), um ausreichend Energie zur Verfügung zu stellen, gleichzeitig kommt es oft nicht zur adäquaten Entladung der Energie. Das kann auch dazu führen, dass Sie gedanklich nicht abschalten und nicht zur Ruhe kommen.
Um nicht ständig "unter Strom" zu stehen, reguliert das Nervensystem den Körper immer wieder runter, ohne sich wirklich zu erholen und zu entspannen. Denn das System ist weiter auf "Hab-Acht-Stellung" eingestellt (Hypervigilanz). Es kommt zu einer paradoxen Situation, in der Bewegung und Entwicklung kaum möglich ist, vergleichbar mit einem Autofahrer, der mit einem Fuß das Gaspedal und mit dem anderen das Bremspedal bis zum Anschlag drückt.

Was hat das alles jetzt mit meiner Arbeit zu tun?

Sehr viel!
Die Form, in der ich Nuad betreibe, hat Tiefe. Eine Tiefe, die es möglich macht, in diese verkrusteten, alten Strukturen vorzudringen. Den Finger in die Wunder zu legen und damit dem Körper die Möglichkeit zu geben sich aus dieser Schockstarre zu befreien. Ich freue mich immer, wenn ich den Körper ins Zittern bringe. Was meine Klienten mitunter ein wenig verwundert (-:
Aber es ist mittlerweile Studien über Menschen mit Kriegstraumatisierungen, die durch das Zurückholen des Zitterns, durch das erneute Durchgehen durch diesen körperlichen Prozess, viel ihrer gestauten Spannung abbauen konnten.
Ebenso freue ich mich, wenn plötzlich Emotionen auftauchen. Wenn wie aus dem Nichts Tränen in den Augen stehen, oder Bilder im Inneren auftauchen. Dann weiß ich, wir haben einen Punkt erreicht. Einen wunden Punkt, der noch einmal beleuchtet werden wollte. Der seine Energie endlich loswerden darf und nicht mehr im Untergrund rebellieren muss, oder an allen möglichen und unmöglichen Körperstellen wie eine Alarmglocke um Aufmerksamkeit schreien muss.
Es sind kurze Momente. Kurz aber intensiv. Verwirrend aber entwirrend. Geladen aber entladend. Kein großes Drama aber eine große Erleichterung. Es bedarf auch nicht zwingend großer Worte, es ist ein körperlicher Prozess. Das gilt vor Allem dann, wenn schon psychotherapeutisch oder lebensberatend, also verbal, an Lösungen gearbeitet wurde.

Es bedarf allerdings jetzt doch vieler Worte um dir einen Einblick zu geben. Einen Einblick in einen Bereich meiner Arbeit, den ich über Alles schätze (-:

Hab eine wunderbare Zeit und spür dich!
Sending good vibes (-:

www.entspannung-im-hof.at

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen